Während der Vorbereitungen unserer Japanreise 2015 entdeckte Karin einen Artikel über Naoshima, der kleinen Kunstinsel im Seto-Binnenmeer, die von den großen japanischen Inseln Honshū, Shikoku und Kyūshū umschlossen wird. Da wir zur Prefektur Kagawa wollten, planten wir so auch einen Tagesausflug per Bahn und Fähre zu der Insel ein und waren schließlich so begeistert von dem kurzen Ausflug, dass wir zwei Jahre später nochmals zu dieser Insel reisten; nun aber einige Tage auf Naoshima verbrachten
Man gelangt auf die Insel z.B. vom Fährhafen Uno aus. Hier begeistern bereits die Installationen des "Black Porgy" von Yodogawa Technique. Plastikmüll, achtlos ins Meer geworfen, wurde von ihm gesammelt und als Mahnmal zu einem riesigen Fisch zusammengefügt. Eine weitere ähnliche Konstruktion in der Nähe ist sogar begehbar und bereitet den Kindern großen Spaß während die Erwachsenen nachdenklich werden.
Mit der Fähre geht es von hier aus nun weiter nach Naoshima, der ehemaligen Fischerinsel, die in den letzten Jahren immer bekannter geworden ist. Das liegt u.a. auch an den großen Kürbisinstallationen der 92jährigen, japanischen Künstlerin Yayoi Kusama. Von ihrem großen roten Kürbis wird man gleich bei der Ankunft im Fährhafen von Naoshima begrüßt und der große gelbe Kürbis am Benesse Art Park, eine private Organisation des Milliardärs und Verleger Soichiro, wurde nach seiner Installation im Jahr 1994 zum Wahrzeichen der Insel. Leider wurde er am 9. August dieses Jahres von einem Taifun in die Setosee gespült.
Auf der ganzen Insel kann man Kunstinstallationen erleben. Künstler von weit her aber auch Einwohner haben in dem Hommura Art House Project viele Konstruktionen in den ehemaligen Fischerhäusern errichtet und wir waren von diesen Installationen sehr beeindruckt. In einem großen Raum erlebt man beispielsweise die Stille in nahezu absoluter Dunkelheit, während in anderen Häusern Lichtinstallationen in den Bann ziehen. Besonders beeindruckend sind aber auch die Kombinationen aus Kunst und japanischer Tradition. Der Go´o Shrine von Hiroshi Sugimoto lädt die Besucher ein, nach dem Eintritt eine Treppe aus Glasquadern zu bestaunen, die aus der Tiefe heraus bis ins Tageslicht reicht. Der Ausgang ist nichts für Übergewichtige und Klaustophobiker und die Lichterscheinungen in dem langen extrem schmalen Ausgangsbereich lassen fast an eine gewollte Fusion von christlichen und shintoistischen Glaubensprinzipien denken. So erzeugt dieser Shrine ein besonderes mystisches Erlebnis.
Die kleine Insel kann man gut mit Leihfahrrädern umrunden, um sich die vielen Kunstobjekte anzuschauen und die Museen zu besuchen. Beeindruckend ist das Chichu Art Museum, das von Japans Architektenstar Tadao Ando entworfen wurde. Mit seinen verschlungenen Gängen ist es ein Meisterstück begehbarer Avantgardekunst und ein hervorragender Ort für die Lichtinstallationen von James Turrell und Walter de Maria sowie den großen Seerosen-Ölbildern von Claude Monet.
Zu den Ölbildern von Monet geht es über Filzteppiche, deren kleine ausgeprägte Quadratstrukturen für eine hervorragende Dämpfung im Ausstellungsraum sorgen. Wie Krankenschwestern ganz in weiß gekleidete Japanerinnen achten darauf, dass sich jeweils nur die erlaubte Anzahl von Besuchern mit zur Verfügung gestellten Hausschuhen im Ausstellungsraum befindet.
Die Lichtinstallationen von Turrel werden regelrecht zelebriert. Ist es nur ein Spalt oberhalb einer Treppe, aus der blaues Licht hervorbricht? Auf das Kommando der Weißgekleideten dürfen sechs Personen nebeneinander die Treppe emporsteigen und mit jeder Stufe verändert sich der enge horizontale Spalt immer mehr zu einem großen Zugang eines abschüssigen Raumes. In diesem darf man sich bis zu einer Markierung auf dem Boden fortbewegen - sonst ertönt ein Warsignal (ähem, ausprobiert). Dreht man sich an dieser Markierung herum, hat man den gleichen Eindruck wie zuvor von außen und man wundert sich: Durch diesen kleinen Spalt ist man tatsächlich in den lichtgedämmten bläulichen Raum gelangt?
Walter de Maria hält hier ebenso ein besonderes Erlebnis für die Besucher parat. In einem riesigen Raum zeigen sich goldene Säulen in Dreigruppen entlang der Wände und lenken schließlich den Blick auf eine große, schwarze und spiegelnde Marmorkugel in der Mitte, die je nach Tageszeit andere Lichtreflexe auf die goldenen Säulen bzw. den gesamten Raum wirft. Über ihr befindet sich ein rechteckiger Lichtdurchlass, durch den man die sich auf der Kugel spiegelnden Wolken ziehen sieht. Der Raum bietet dem offenen Betrachter ein besonderes kontemplatives Erleben von Natur, Materialien und Formen. Der jeweilige einzigartige Erfahrungshorizont der Betracher läßt so ebenso einzigartige Zusammenhänge im goldenen Dreiklang erkennen.
Tadao Ando entwarf auch das Benesse Art House, das viel Raum für die Werke von Künstlern wie Jasper Johns, Yves Klein und Jackson Pollock bietet.
Zur Setouchi-Triennale 2010 eröffnete das Lee Ufan Museum, das Werke des koreanischen zeitgenössischen Künstlers Lee Ufan zeigt. Zu sehen sind große Installationen aus Stein, Beton und riesigen Eisenplatten sowie eine Reihe von Gemälden aus seinefrüheren Schaffensperioden. Auch das Gebäude des Lee Ufan Museums wurde von Tadao Ando in geometrisch geformten Stahlbeton im Spiel zwischen Natur und offenen Räumen entworfen.
Wir hatten beim 2ten Besuch eine sehr nette kleine Unterkunft, die ein Arrangement mit dem hervorragenden Restaurant auf der anderen Straßenseite für das angebotene Frühstück getroffen hatte. Hier haben wir gerne gewohnt und gegessen.
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